Bei Trennung: Kontaktabbruch?
Von Funkstille, Sendepausen, Kontaktsperren und Ghosting
Trennung tut weh. Besonders schmerzhaft kann es werden, wenn ein Partner nach dem Beziehungsende abrupt den Kontakt abbricht. Haben Sie so eine einseitige Kontaktsperre schon mal erlebt? Auf der einen oder anderen Seite? Was passiert nun eigentlich aus psychologischer Sicht auf beiden Seiten?
Ein Abbruch ist kein Abschied
Wer die Funkstille nicht will, sondern gern in Freundschaft und behutsam auseinandergeht, kann extrem darunter leiden. Oft erschwert die einseitige Kontaktsperre es ihm geradezu, mit der Beziehung abzuschließen; auch wenn er selbst derjenige war, der die Trennung will und wollte. Also sucht er oder sie den Kontakt, um gemeinsam zu verstehen, was nicht gelungen ist, und gemeinsam eine Freundschaft zu entwickeln. Mauert der Kontaktabbrecher nun, so wird die Not größer, und ein gar nicht munteres Wechselspiel nimmt seinen Lauf.
Beziehungsstile & Trennungsstrategien
Oft war dieses Muster auch während der Beziehung schon sichtbar: Der Eine suchte bei Konflikten Kontakt und Auseinandersetzung, die Andere hat gerade das vermieden und zog sich zurück. Die Eine sucht tiefe Nähe, der Andere will deutlich mehr Distanz. – Solche Paare brauchen eine gemeinsame echte Lösung für den Umgang mit ihren gegensätzlichen Strategien. Wenn dies zu zweit nicht mehr gelingt, kann eine Paartherapie in Münster oder eine Paarberatung online Ihnen gute Dienste leisten: Je eher desto besser.
Im Extremfall ‚Ghosting‘ kommt es noch krasser: Wenn der Partner einfach verschwindet, ohne die Trennung überhaupt auszusprechen, weiß der/die Zurückgelassene oft gar nicht mehr, was eigentlich Wahrheit und was Lüge ist. So wird Ghosting mittlerweile auch von Krankenkassen wie der Barmer als Risiko für die psychische Gesundheit der Leidtragenden beschrieben.
Gesunde Trennung: Aus den Augen, aus dem Sinn?
Ungewollte Kontaktsperren können das Kohärenzgefühl gefährden, indem sie unsere Möglichkeit zu verstehen und unsere Handlungsfähigkeit einschränken. Abrupte Kontaktabbrüche sind daher für manche Menschen extrem schmerzhaft bis traumatisch. Das gilt leider auch, wenn in Internet und Ratgebern gern behauptet wird, jedes (!) ehemalige Paar müsse unbedingt (!) eine Phase der kompletten Sendepause durchlaufen, um sich wirklich (!) zu trennen. (Worauf diese Behauptung gründet, steht meist nicht dabei. Vielleicht ja auf den Trennungsvorlieben der jeweiligen Autorinnen und Autoren.) Die These lautet: 'Aus den Augen, aus dem Sinn.'
Wunderbar, wenn beide Partner eine Zeit der Funkstille heilsam finden. Aber jeder Jeck is eben anders, und Kontaktabbruch nicht für alle Menschen der Königsweg zur guten Trennung.
Kontaktsperre, um leichter loszulassen?
Oft bindet die plötzliche Funkstille psychisch sogar zusätzlich, weil Konflikte und Fragen nicht mehr klärbar sind. Solche offenen Fragen sind wie Rästel oder Krimis in 2 Teilen: Wenn es uns bewegt hat, will unser Gehirn einfach wissen, wie die Antwort lautet. Je weniger realer Kontakt nun stattfindet, umso mehr Raum bleibt:
- für Fantasien über die Gründe für den Abbruch,
- wahlweise für die Idealisierung
- oder für die Dämonisierung des Ex-Partners
- und schließlich für die Schaffung 'alternativer Fakten'.
"Ich mache mir die Welt widde widde wie sie mir gefällt"?
Wer sich nicht mehr mit dem Anderen austauscht, kann das Geschehene bei Bedarf ungestört (um-)definieren, also: frei interpretieren, wer was wann warum wie getan und beabsichtigt habe. Die aktuelle Realität (Wie stehen wir heute zueinander?) wird dann ebenso ausgeblendet wie die Sicht des Anderen auf das gemeinsam Erlebte. Bahn frei also für geschönte Erinnerungen, einseitige Schuldzuweisungen und die Stilisierung der eigenen Rolle zum Helden oder Opfer. Was dabei herauskommen kann, beschrieb Julian Barnes 2011 wunderbar in dem Roman 'Vom Ende einer Geschichte'.
Solche extrem eigenwilligen Realitätskonstruktionen können bewusst und/oder unbewusst entstehen. Oft ist es eine Mischung: Einerseits greifen hier psychische Abwehrmechanismen wie die Projektion der eigenen Schattenseiten auf den Anderen. Oder aggressive Seiten früherer Bezugspersonen werden unbewusst auf den jetzt verlassenen Partner übertragen. Er wird dann als so bedrohlich erlebt, wie es z. B.früher der eigene Vater war. Andererseits kann es eine durchaus bewusste Strategie sein, um das eigene Verhalten zu rechtfertigen. Man 'muss' ja so handeln, wenn der Verlassene eben 'so unmöglich' ist. Denn: "Sich dem Dialog zu entziehen ist eine geschickte Art, den Konflikt zu verschärfen und ihn dabei dem anderen in die Schuhe zu schieben." (France Hirigoyen). Derartige Zuschreibungen von Schuld und Boshaftigkeit toppen dann noch den Abschiedsschmerz und die Verwirrung des 'gelöschten' Partners.
Wenn Kontaktabbrüche Schatten auf die gemeinsame Geschichte werfen
Kontaktsperren binden zudem, wenn sie das Gefühl hinterlassen, aussortiert, abgehakt und vielleicht ganz schnell ersetzt worden zu sein. Sie können das Vertrauen in andere Menschen und in die eigene Wahrnehmung auf die Probe stellen, denn die neue Situation lässt manch merkwürdige Szene der letzten Monate oder Jahre nun in neuem Licht erscheinen: Was bedeutet es für mich, unsere Beziehung und die letzten Monate oder Jahre, wenn ich diesen Menschen, der mir gestern noch ganz nahe schien, von heute auf morgen einfach nicht mehr erreiche?
Mehr zur Psychologie des Kontaktabbruchs lesen Sie hier: Kontaktsperre? Warum Ex-Partner Funkstille wollen.
Wünschen Sie eine mittel- oder längerfristige Begleitung, weil die Funkstille Sie zu sehr belastet, unterstütze ich Sie gern mit Beratung oder Therapie in Münster und online.
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